Call for Papers zur Tagung des ITW 2019

Für die Netzwerktagung 2019 findet ihr hier den Call for Papers als PDF sowie als Text:

Aufruf zur Beteiligung – Call for Papers
Für die Tagung des Inter*Trans*WissenschaftsNetzwerks
Alles Körper, oder was?!
30. August bis 01. September 2019 in Jena

Dieser Aufruf richtet sich grundsätzlich an alle Wissenschaftsdisziplinen, die sich – wie auch immer – mit Inter* und/oder Transgeschlechtlichkeit befassen. Wir laden euch herzlich ein, wissenschaftliche Beiträge zur oben genannten Tagung (und der daran anschließenden Publikation) einzureichen, die sich mit inter*- und/oder transgeschlechtlichen Körpern befassen. Wichtig sind uns dabei solidarische, nicht vereinnahmende Herangehensweisen. Zusätzlich zu diesem themenspezifischen Call ermutigen wir euch, auch offene Beiträge einzureichen.
Besonders interessiert sind wir an wissenschaftlichen Beiträgen außerhalb der geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Disziplinen: Was forscht ihr und wie sind eure Ergebnisse z.B. in Medizin oder Naturwissenschaften, Informatik oder Ingenieurwissenschaften, jeweils bezogen auf Intersexualität oder Transsexualität – um die dort gebräuchlicheren Begriffe zu erwähnen. Wir sind daran interessiert, möglichst vielen, die einen Beitrag zu den Themenkomplexen leisten möchten, diesen auch zu ermöglichen. Auch wenn ihr etwas einbringen möchtet, das nicht genannt wird, meldet euch gerne bei uns (s.u.).
Dass der Körper ein Geschlechtsindikator sei, liegt außerhalb akademischer Kreise auf der Hand. Medizin, Medizintechnik und Naturwissenschaften setzen genau an diesem Verständnis an, wenn es hier um die Erforschung physischer und damit auch körperlicher Gegebenheiten und ggf. deren Veränderung oder Beeinflussung geht. Selbst Psychologie, Psychotherapieforschung und Psychiatrie kommen nicht umhin, körperliche Umstände zu berücksichtigen. Die Auseinandersetzungen von Medizin und Biologie mit (intersexuellen) Varianten der Geschlechtsentwicklung oder mit Transgeschlechtlichkeit beziehen sich auf körperliche Funktionen: Gene, Hormone, Entwicklungsprozesse, Organe, körperliche Geschlechtsmerkmale, epigenetische Abläufe etc. Hierbei begrüßen wir einen explizit solidarischen, nicht vereinnahmenden Zugang zu Kontingenz und Komplexität geschlechtlicher Abläufe. Etwas offener kann es in anderen Disziplinen aussehen: Wie geht z.B. die Informatik mit Datenstrukturen um, die Geschlecht beinhalten, insbesondere wenn es nicht eindeutig ist oder geändert wurde? Was sagt uns z.B. die Geographie darüber, wo und wie die Betroffenen leben?
Fast schon traditionell überwiegen die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften in unserem Netzwerk. Seit dem sog. „linguistic turn“ der 1990er Jahre dominiert dort eine sozialkonstruktivistische Perspektive, die im Anschluss an poststrukturalistische Ansätze davon ausgeht, dass es keinen Zugriff auf Körperlichkeit/Natur gebe, der jenseits des Diskurses läge. Unsere Perspektive auf die Welt sei demnach immer bereits sozial geprägt, wodurch der Blick auf eine natürliche, somatische Eigentlichkeit verstellt bliebe. Daneben konstatiert die Phänomenologie, ein Zugriff auf den Körper sei über die Kategorie des Leibes möglich. Die Körpersoziologie, die phänomenologische Ansätze durchaus subsummiert, ist seit einigen Jahrzehnten darum bemüht, dem Körper als soziale Kategorie einen angemessenen Raum in der Sozialtheorie zu geben, indem seine Einflüsse und Beeinflussung systematisch aufgearbeitet und mit empirischen Forschungen untermauert werden. Neuere Ansätze unter dem Label ‚new‘ (feminist) materialisms versuchen nun, sozial- und geisteswissenschaftliche Ansätze unter Einbezug naturwissenschaftlicher Erkenntnisse zu rematerialisieren. Ein weiteres Feld ist das der Theater- und Tanzwissenschaften, die mit ihren performativen Herangehensweisen diverse Zugänge zum Körper konzeptualisiert haben und dabei die Theorie auch praktisch werden lassen konnten, sei es in Form von Performances, Theaterstücken oder Tanzaufführungen.
Mögliche Fragen, die die Beiträge diskutieren, reflektieren, verhandeln können:

  • Wie können Körper als Forschungsobjekte angemessen eingeholt und (re)präsentiert werden?
  • Wie interagieren Selbstverständnis und körperliche Beschaffenheit?
  • Wie sind die Körper der Forschenden in den Forschungsprozess als Forschungssubjekt oder als beforschbare Objekte involviert?
  • Wie strukturieren verschiedene körperliche Merkmale und die durch sie konstituierten Körperlichkeiten (cisgeschlechtlich, endogeschlechtlich, dis_abled, rassifiziert, durch Klassenzugehörigkeit geprägt) Forschungen in ihrer je spezifischen Weise?
  • Welche Erfahrungen schreiben sich über den Körper ein, wenn ein Mensch aufgrund seiner Inter* und/oder Transgeschlechtlichkeit medizinischen, pädagogischen, psychologischen und/oder (anderen) gesellschaftlichen Zugriffen ausgesetzt ist?
  • Wie wird medial mit inter*- und/oder transgeschlechtlichen Körpern umgegangen? Wie werden diese filmisch, bildlich, von den neuen und sozialen Medien (Youtube, Instagram, etc.) repräsentiert?
  • Welche Grenzen und Möglichkeiten bietet die Vermittlung zwischen geistes- und sozialwissenschaftlichen und medizinisch-biologischen Zugängen? Wo ist eine solche Vermittlung gewinnbringend, wo kontraproduktiv?

Wir sind explizit daran interessiert, dass auch solidarische medizinische, medizintechnische und naturwissenschaftliche Beiträge ihren Raum bekommen, außerdem möchten wir praktischen und künstlerischen Zugängen ein Forum bieten. Vorstellbar wären letztere in Form eines gemeinsamen, thematisch passenden Abschlusses eines Abends, einer Ausstellung in/an den Veranstaltungsräumen, Filmvorführungen oder Workshops, besonders wenn sie inter*- und/oder transgeschlechtliche Körper zum Thema machen. Auch bei den theoretischen Beiträgen sind wir offen für die unterschiedlichsten Formate – Diskussion von empirischem Material, handelsübliche Vorträge, Diskussion von Forschungsthesen und bereits verfassten Texten uvm.
Um Einreichung der Vorschläge in Form eines möglichst prägnanten Inhaltsabrisses (Abstracts) von maximal 3000 Zeichen bitten wir bis zum 15. März 2019. Bitte gebt an, ob eure Forschung empirische Daten berücksichtigt und woher sie stammen, ferner wie weit ihr mit eurer Forschung bislang seid.

Als E-Mail (pdf) an:
itworga2019 @ gmx.net
oder postalisch an:
Joris A. Gregor
FSU Jena
Institut für Soziologie
Carl-Zeiß-Str. 2
07743 Jena
Neben dem durch Beiträge zu gestaltenden Teil wird es im Rahmen der Tagung am Samstagnachmittag eine Plenarveranstaltung geben, auf der wir gemeinsam das Verhältnis von Inter* und Trans* im Netzwerk diskutieren möchten. Wir würden uns freuen, wenn ihr euren Tagungsbesuch so einrichtet, dass ihr daran teilnehmen könnt. Wenn ihr Interesse habt, diese Plenarveranstaltung methodisch und/oder inhaltlich zu gestalten, im Vorfeld Impulse zu geben für die Diskussion (z.B. auch, wenn ihr nicht auf der Tagung sein könnt, aber euch ein Punkt sehr wichtig ist), zu moderieren, protokollieren o.ä., meldet euch gern! Auch für weitere Anmerkungen sind wir offen und freuen uns über Feedback.
Wir haben uns für eine Quotierung der Beiträge entschieden: Unser Ziel ist es, 50% der Beiträge zum Thema Inter* zu realisieren. Bei Beiträgen, welche beide Themenkomplexe berühren, entscheidet unser Gremium über die Einordnung; wir wollen hierdurch vermeiden, dass Beiträge vorrangig aus Quotengründen beanspruchen, Inter* mit zu behandeln.
Weitere Infos zur Tagung und Anmeldung ab dem 01. Februar auf dieser Website.